Geschichtliches zu frühen Streichinstrumenten

 

Streichinstrumente sind im Nahen Osten seit dem 10. Jahr-hundert dokumentiert, wenig später auch in Spanien und Süditalien. Zur Zeit der Blüte der Trobador-Kunst hatten sich Fideln schon durch weite Teile Europas verbreitet (bis etwa Russland, Deutschland, England...).

Verschiedene Formen und Bauweisen (z. B. mit Pergament-decke oder mit Holzdecke) wurden nebeneinander gebaut.

 


meine Rekonstruktion eines mediterranen Rebab, 12./13. Jh.

 

 

Im 13. Jahrhundert bilden sich eine Handvoll gängige Modelle heraus (Korpus oval, Birnen- oder Bohnenförmig, 3 bis 5 Saiten), welche wohl immer aus einem soliden Holzblock geschnitzt wurden.

Erhaltene Holz- und Steinskulpturen zeigen Streichinstrumente mit gestochener (leicht gewölbter) Decke. Die Zargen werden oft c-förmig, nach Innen eingezogen dargestellt, wohl um dem gesamten Korpus mehr Stabilität zu geben.

 

 

Spanische Skulptur des 13. Jahrhunderts

Fidel-spielender Engel, Florenz, alte Dom-Fassade

 

 

Etwa hundert Jahre später, also zur Blütezeit der "ars nova", haben sich die ovalen, länglichen Fideln mit 4 oder 5 Saiten durchgesetzt, die 5-saitigen Modelle erscheinen auch mit einer Bordunsaite, welche seitlich des Halses verläuft.

 

 

Die Krönung der Jungfrau, Detail, P. u. G. Veneziano (vor 1358)

 

 

Eine wesentliche Verbesserung im Bau von Saiteninstrumenten wurde in Spanien im frühen 15. Jahrhundert vollzogen: Man begann nun, Zupf- und Streichinstrumente aus dünnen Holzspänen zusammen zu leimen, anstatt sie aus einem oder zwei massiven Holzstücken zu schnitzen. 

Damit wurden auch viele Streichinstrumente auf Art von Zupfinstrumenten gebaut - das besondere lag wohl in der Praxis, die Decken der Streichinstrumente nun aus flachen Tannen- und Fichtenhölzern zu hobeln. Diese Art der Produktion ist zwar zeitsparend - allein flache Decken sind akustisch aufgrund der irrationalen Schwingungsknoten ("Wolftöne") nicht ideal für Streichinstrumente.

Zur Problematik beim Bau dieser Typen bitte in "Geschichte II" nachlesen!

 

 

Fidel-Darstellung im Studiolo des Herzogs von Urbino, 1474

 

 

Diese Art der Konstruktion wurde auch für neue Modelle von Streichinstrumenten übernommen, welche ab etwa 1490 von Oberitalien aus verbreitet wurden. Ab etwa 1510 erkennen wir in Darstellungen die ersten "Vorfahren" unserer Violine: Sog. Proto-Violinen unterscheiden sich von den älteren Fideln durch einen drei- oder viersaitigen Bezug in Quinten und durch die moderne Bauart aus vielen verleimten Einzelteilen. Offensichtlich wurden von den Berufsmusikern jetzt andere, sehr viel flexiblere Diskant-Instrumente für ihre Arbeit benützt als noch zehn Jahre zuvor.

 

 

Ferrara, 1508 - 1512: Darstellung einer Proto-Violine

 

 

Eine Lira da braccio in einem Gemälde Bartolomeo Montagnas (Madonna mit Kind und Heiligen, 1499) zeigt, dass man wieder zu gewölbten Decken, jetzt auch schon mit deutlich sichtbarer konkaver Randarbeit, zurück gefunden hatte. 

 

 

 

 

All diese Elemente finden wir in den Darstellungen früher Violin-Instrumente des Gaudenzio Ferrari und seiner Schule (Lombardei, ab 1529) kombiniert. Es werden drei Grössen von Streichinstrumenten abgebildet: Diskant, Alt und Tenor/Bass. Sieht man von einer stark manieristischen Formsprache ab, so erkennen wir doch Instrumente, welche in den wesentlichen Details dem Begriff der Violine entsprechen.

 

 

 

 

Die heute mit Sicherheit datierbaren frühesten Violinen stammen aus den 1560er - Jahren: Es sind die Sätze jener stark verzierten Violinen in unterschiedlicher Größe, Bratschen und Celli, welche der schon geschäftlich etablierte Andrea Amati zusammen mit seinen Söhnen für den Hochadel baute. Nachrichten aus dem 19. Jahrhundert von frühen, dreisaitigen Violinen des Altmeisters existieren zwar, allein, keines der heute bekannten Instrumente konnte diesen Beschreibungen zugeordnet werden.

 

 

AUDIO: Vincenzo Ruffo, Capriccio La Desperata, 1564

Rainer Ullreich, Violine, Marcy Jean Bölli, Altgambe,

Pierre Pitzl, Bassgambe